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Strafrechtlicher Schutz der Finanziellen Interessen der EU

Neueste Tendenzen und Herausforderungen

Judit JACSÓ

I. Einleitende Gedanken

Der europäische Gesetzgeber hat früh erkannt, dass der EU-Haushalt nicht nur in wirtschaftlicher und effizienter Weise ausgegeben, sondern auch vor Betrug geschützt werden sollte. Durch Betrug und andere Unregelmäßigkeiten gegen die finanziellen Interessen der EU entsteht deutlicher Einnahmenausfall im Budget der EU. Dadurch werden weniger Quellen zur Aufteilung zur Verfügung gestellt. Der Betrug stellt eine Gefahr für die Finanzierung des Haushaltes dar, wodurch Vertrauensverlust in das Funktionieren der Union und Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt entstehen können. Dadurch besteht auch eine Gefahr für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts.1 Die Betrugsbekämpfung war und ist ein vorrangiges Ziel in der Europäischen Union und ein politisches Anliegen von höchster Priorität.

Es sollen zwei wichtige Rechtsakte aus dem Jahre 2017 hervorgehoben werden, mit denen der Schutz des Gemeinschaftsbudgets entscheidend verstärkt und eine neue Phase der Betrugsbekämpfung in der Europäischen Union angefangen wurde. Aus materiell strafrechtlicher Hinsicht soll die Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union2 bzw. aus verfahrensrechtlicher Hinsicht die Verordnung zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA)3 hervorgehoben werden.

Gerade vor 30 Jahren in 1989 wurde das berühmte griechische Maisurteil des Europäischen Gerichtshofes erlassen, mit der ein wichtiger Grundsatz (Assimilierungspflicht) in der Rechtsprechung niedergelegt wurde. Zwei Schiffe, Alfonsina und Flamingo verließen das ehemalige Jugoslawien und fuhren nach Belgien, verladen mit Mais, den die griechischen Behörden bei der Ausfuhr offiziell als Mais griechischen Ursprungs bezeichneten. In Wirklichkeit handelte es sich um jugoslawischen Mais, der zuvor aus Jugoslawien eingeführt worden war. Bei der Einfuhr des jugoslawischen Maises nach Griechenland im Mai 1986 wurden die fälligen Agrarabschöpfungen, die sich auf beträchtliche Beträge beliefen, hinterzogen und dadurch enormer Schaden dem Haushalt der Europäischen Gemeinschaften verursacht.

2019 stellt aus einem anderen Grund auch ein Jubiläumsjahr dar. Im Oktober 2019 hat die Kommission den 30. Jahresbericht über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union und die Betrugsbekämpfung4 erlassen. In diesen Dokumenten berichtet die Kommission regelmäßig über die Umsetzung der Betrugsbekämpfungsstrategie. Im 30. Bericht der Kommission wurde die Geschichte der Betrugsbekämpfung in der EU in vier Phasen aufgeteilt:

In der ersten Phase wurden die rechtlichen Grundlagen für die Bekämpfung von Betrug und Unregelmäßigkeiten geschaffen.5 In dieser Phase wurde eine spezielle Dienststelle zur Koordinierung der Betrugsbekämpfung (UCLAF6 ) errichtet (1989-1998). Das zweite Jahrzehnt war nach der Beschreibung der Kommission eine Phase der Konsolidierung und operativer Reformen, während dieser die umfangreichste Erweiterung in der Geschichte der Europäischen Union erfolgte (1999-2008). 1999 übernahm das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) als operativ unabhängige Stelle die Aufgaben der UCLAF. Im Mai 1999 trat der Vertrag von Amsterdam in Kraft. Durch ihn wurden die geltenden Betrugsbekämpfungsbestimmungen geändert und ausgeweitet. Seither legt die Kommission jährlich einen Bericht über den Schutz der finanziellen Interessen vor. Es muss noch hervorgehoben werden, dass 2003 die Kommission einen Vorschlag zur Auflage des Programms „Hercule” vorlegte, durch das Schulungsmaßnahmen, Maßnahmen zur technischen Unterstützung und der Datenaustausch gefördert werden. In der dritten Phase ist dem Schutz der finanziellen Interessen der EU neuer Dynamik verliehen worden. Es muss betont werden, dass der Vertrag von Lissabon im Prozess der Europäisierung des Strafrechts (der Europäisierung der Strafrechtspflege) wie auch im Schutz der finanziellen Interessen der EU eine besondere Rolle spielte, da durch ihn die Rechtsgrundlage für den Erlass der erforderlichen Rechtsakte geschaffen wurde. Die Mitgliedstaaten einigten sich auf eine Reihe neuer Rechtsakte für eine verstärkte Bekämpfung von Betrug auf EU-Ebene und es wurden die Bedingungen für eine neue Institution, für die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) festgelegt (2009-2018). Die vierte Phase begann in 2019.

Der Gegenstand des Beitrages fokussiert auf die neue Betrugsbekämpfungsrichtlinie, deren Regelungen in den Mitgliedstaaten in 2019 umzusetzen waren.

Ebenso in 2019 wurde die neueste Betrugsbekämpfungsstrategie zu verstärkten Maßnahmen zum Schutz des EU-Haushaltes erlassen, welche durch die Kommission am 29. April 2019 angenommen wurde und die Betrugsbekämpfungsstrategie von 20117 aktualisierte8 . Ein Unterschied zu den vorher genannten europäischen Rechtsakten ist, dass die Betrugsbekämpfungsstrategie 2019 der Kommission „ein internes Strategiepapier ist, das für die Dienststellen der Kommission und die Exekutivagenturen bei der Bekämpfung von Betrug und Korruption zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU verbindlich ist.” In 2018 wurden der Kommission insgesamt 11.638 betrügerische oder nicht betrügerische Unregelmäßigkeiten gemeldet. Ihr Schadensvolumen belief sich auf insgesamt 2,5 Mrd. Euro. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 1.152 Unregelmäßigkeiten als betrügerisch gemeldet (dies entspricht 10% aller aufgedeckten und gemeldeten Unregelmäßigkeiten). Ihr Gesamtschadensvolumen belief sich auf 1,1972 Mrd. Euro (48% der von Unregelmäßigkeiten betroffenen Beträge) und betraf sowohl den Ausgaben- als auch den Einnahmenbereich.9

Ein besonderes Augenmerk soll im Zuge des Beitrages der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union (PIF-Richtlinie) gewidmet werden, der 2012 vorgelegt und dessen Gesetzgebungsverfahrens in 2017 abgeschlossen wurde. Die wichtigste Frage dabei ist, welche Änderungen dieser Rechtsakt im Bereich der Betrugsbekämpfung mit sich gebracht hat.

II. Geschichtlicher Überblick

Bevor aber in die Errungenschaften der Betrugsbekämpfungsrichtlinie näher eingehen wird, soll im ersten Teil des Beitrages ein kurzer Überblick über die Entwicklung des Schutzes der finanziellen Interessen der Europäischen Union (früher Europäischen Gemeinschaften) gegeben werden. Die Defizite der unterschiedlichen nationalen Regelungsniveaus im Bereich der Betrugsbekämpfung wurden durch das „Griechische Maisurteil”10 des EuGH Ende der achtziger Jahre aufgezeigt.

Allerdings oblag die Sanktionierung aufgrund der fehlenden Kompetenz der EG im Bereich des Kriminalstrafrechts damals noch den Mitgliedstaaten. Das Urteil hat aber dazu wesentlich beigetragen, dass die Bestrebungen auf der Ebene der Gemeinschaften beschleunigt wurden. Die konkrete Ausrichtung der Beschleunigung wurde hierbei durch den EuGH bestimmt (Gleichstellungserfordernis). Nach Auffassung des EuGH „müssen die Mitgliedstaaten, denen allerdings die Wahl der Sanktionen verbleibt, namentlich darauf achten, daß Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht nach ähnlichen sachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln geahndet werden wie nach Art und Schwere gleichartige Verstöße gegen nationales Recht, wobei die Sanktion jedenfalls wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein muß.”11

Der nächste Schritt erfolgte auf der Ebene des Primärrechts mit der Aufnahme des „Assimilierungsprinzips” in die gemeinschaftsrechtlichen Finanzregelungen durch den Vertrag von Maastricht.12 Es stellt sich die Frage, warum dem Schutz der finanziellen Interessen von Anfang an so große Aufmerksamkeit durch den europäischen Gemeinschaftsgesetzgeber beigemessen wurde. Der Schutz der öffentlichen Finanzen ist eine Grundvoraussetzung für die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit jeder Politik. Obwohl in erster Linie die Mitgliedstaaten für die Betrugsbekämpfung zuständig seien, wurde erkannt, dass die nationalen Regelungen allein jedoch nicht mehr ausreichen. Somit wurde dem gemeinsamen Schutz in der Gemeinschaft eine Priorität beigemessen. Der Kommission zufolge erfordert die Betrugsbekämpfung eine enge und konstruktive Partnerschaft zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission. Aus Art. 209a EGV ergeben sich sowohl für die Kommission als auch für die Mitgliedstaaten eindeutig formulierte Rechte und Pflichten. Eine mitgliedstaatliche Pflicht war die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften.

Man kann aber eine andere Aufteilung als die Kommission in ihrem 30. Bericht verwenden. Der Anfang einer zweiten Phase kann auch das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (PIF-Übereinkommen13) bedeuten, das ein Wechsel der Betrugsbekämpfungsstrategie mit sich gebracht hat. Das Übereinkommen ist erst nach siebenjährigem Ratifikationsprozess im Jahre 2002 in Kraft getreten.14

Ein Wechsel der Betrugsbekämpfungsstrategie erfolgte 1995 durch das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (PIF-Übereinkommen), das erst nach siebenjährigem Ratifikationsprozess im Jahre 2002 in Kraft getreten ist. Das Übereinkommen gehörte zu den wichtigsten „Hauptrechtsinstrumenten” der Verbesserung des Schutzes der finanziellen Interessen der Gemeinschaften.15 Die Form des Rechtsaktes resultiert aus der damals fehlenden Kompetenz der Gemeinschaften zum Erlass von Strafvorschriften. So konnte nur auf völkerrechtlicher Grundlage der entsprechende Schutz aufgebaut werden.

Im Jahre 1995 wurde parallel dazu eine Verordnung über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften erlassen, in der die Vorschriften über die einheitlichen Kontrollen und die bei „Unregelmäßigkeiten” anzuwendenden verwaltungsrechtlichen Maßnahmen und Sanktionen festgelegt wurden. Die Verordnung bildet den gemeinsamen rechtlichen Rahmen für alle Bereiche der Gemeinschaftspolitik. Allerdings ist zu beachten, dass die in der Verordnung geregelten Sanktionen einen verwaltungsrechtlichen und nicht strafrechtlichen Charakter aufweisen.

Im PIF-Übereinkommen wurde der Begriff der finanziellen Interessen der Gemeinschaften definiert und weit gefasst, sodass darunter sowohl die Einnahmen als auch die Ausgabenseite des Haushaltes fallen. Die Steuern gehören im Allgemeinen zu der Einnahmenseite des jeweiligen nationalen Haushaltes, was ebenso für den EU-Haushalt gilt. Es stellt sich die Frage, was unter dem Begriff der „Einnahmenseite” zu verstehen ist. Das PIF-Übereinkommen selbst enthält keine Definition der Einnahmen. Nur im Erläuternden Bericht16 ist diesbezüglich eine Klarstellung zu finden. Hier wird zwischen 1) traditionellen Eigenmitteln, 2) Mehrwertsteuereinnahmen und 3) Bruttosozialprodukteigenmitteln (BSP-Eigenmittel) differenziert.

Die Kommission vertrat die Meinung, dass die nur zur ersten Kategorie gehörenden Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (d.h. Abschöpfungen, Abgaben, Zölle auf den Warenverkehr mit Nichtmitgliedstaaten) unter den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen. Dies führte aber zu einer sehr restriktiven Auslegung des Betrugsbegriffs. Dem Erläuternden Bericht zufolge unterfallen somit die Mehrwertsteuereinnahmen nicht dem Begriff der Einnahmen im Sinne des PIF-Übereinkommens, weil diese nicht unmittelbar für die Gemeinschaften erhoben werden. Bezüglich der Beurteilung dieser Eigenmittel führte im Jahre 2012 der Vorschlag der Kommission über den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der EU zu einer Wende, da die Kommission, gestützt auf die Rechtsprechung des EuGH, nun keine Hürde mehr für die Erfassung der Mehrwertsteuereinnahmen durch den EU-Betrugsbegriff sah. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens wurden über diese Frage gegenteilige Meinungen vertreten.

Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, die von der Definition des Betruges erfassten Handlungen als Straftaten zu qualifizieren und diese mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Strafen zu versehen. Das Übereinkommen schreibt vor, zumindest die schweren Betrugsfälle, die zu einer Auslieferung führen können, mit Freiheitsstrafe zu ahnden.

Durch das PIF-Übereinkommen wurde ein einheitliches Betrugsstrafrecht geschaffen, demzufolge der Betrug in allen Mitgliedstaaten mit strafrechtlichen Mitteln zu untersagen und eine Einführung von Freiheitsstrafen zwingend sei. Einheitlichkeit in diesem Sinne bedeutet, dass sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite einbezogen wird und die gleichen Tathandlungen in den Anwendungsbereich des Übereinkommens aufgenommen werden.

Der Erlass des zwischenstaatlichen Rechtsakts in Form eines Übereinkommens hat die mitgliedstaatliche Ratifikation vorausgesetzt. Trotz der gemeinsamen Verpflichtungen wurden jedoch in den Mitgliedstaaten unterschiedliche nationale Rechtsvorschriften erlassen, wodurch ein gemeinsames Schutzniveau der finanziellen Interessen der EU nicht gewährleistet werden konnte. Aus diesem Grund erfolgte die Betrugsbekämpfung in der EU nicht abschreckend genug. Dies hat auch zur Folge, dass diese Unterschiede den Kriminellen die Möglichkeit bieten, strategisch zu wählen, in welchem Land sie ihre kriminelle Handlung begehen bzw. ob sie nach Begehung einer nur einen einzigen Mitgliedstaat betreffenden Straftat in einen anderen Mitgliedstaat ausweichen.