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EGMR: (Erneut) Verbot von Gesichtsschleiern kein Verstoß gegen Menschenrechte Entscheidungsanmerkung zu den Urteilen des EGMR
(II. Sektion) v. 11.7.2017 - 37798/13; 4619/12

AİHM: (Yine) Yüz Örtüsüne İlişkin Yasak İnsan Hakları İhlali Değildir AİHM’in (II. Section) 11.7.2017 Tarihli ve 37798/13; 4619/12 Sayılı Kararlarına İlişkin

David KOPPE

Zur Frage eines Verstoßes gegen Art. 8 und 9 EMRK durch das belgische Verbot, sich in der Öffentlichkeit zu verhüllen.

1. Das Tragen eines Gesichtsschleiers unterfällt als private Lebensführung dem Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK. Soweit dies aus religiöser Motivation geschieht, wird das Tragen eines Gesichtsschleiers als Religionsausübung zusätzlich vom Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 EMRK erfasst.

2. Verbietet der Staat im öffentlichen Raum Kleidung zu tragen, die das Gesicht teilweise oder ganz bedeckt, verstößt dies nicht gegen die EMRK.

3. Der Schutz des Respekts für die Minimalbedingungen gesellschaftlichen Zusammenlebens stellt ein legitimes Ziel für ein Verhüllungsverbot dar. In diesem Zusammenhang können die Konventionsstaaten generell besser die lokalen Bedürfnisse einschätzen als ein internationales Gericht wie der EGMR. Die Frage, ob ein Gesichtsschleier in der belgischen Öffentlichkeit akzeptiert werde, sei deshalb eine Wahl der Gesellschaft.

4. Der Schutz des Respekts für die Gleichheit von Mann und Frau oder für die Menschenwürde kann nicht als ein legitimes Ziel für ein Verbot der Verschleierung im öffentlichen Raum herangezogen werden. In Ermangelung einer allgemeinen Gefahr ist ein solches Verbot auch nicht zum Schutz der Sicherheit erforderlich und damit unverhältnismäßig.(***)

Religionsfreiheit, Gesichtsverschleierung, zwischenmenschliches Zusammenleben, Rechte und Freiheiten anderer, Ermessensspielraum.

Kamuya açık yerlerde kısmen veya tamamen yüzün örtülmesine ilişkin Belçika yasağının, Avrupa İnsan Hakları Sözleşmesi’nin 8. ve 9. maddesini ihlali etmesi sorunu

1. Kamuya açık ya da özel alanlarda, bir kişinin sahip olmayı tercih ettiği dış görünüşüne ilişkin kişisel tercihler, kişiliğin bir ifadesi olarak değerlendirilir ve Avrupa İnsan Hakları Sözleşmesi’nin 8. maddesinin 1. fıkrasında yer verilen özel hayatın korunması kapsamındadır. Dini inançları gereğince kamuya açık yerlerde bireylerin yüzlerini örtmeleri, Avrupa İnsan Hakları Sözleşmesi m.9/1’de korunan din ve inancı açıklama özgürlüğü kapsamındadır.

2. Eğer devlet, kamuya açık yerlerde yüzü tamamen veya kısmen örten kıyafetler giymeyi yasaklamışsa, bu yasak Avrupa İnsan Hakları Sözleşmesi‘ni ihlal etmez.

3. Toplumda yaşam bakımından asgari koşullara saygının korunması, peçenin yasaklanmasına ilişkin haklı bir neden olarak kullanılmıştır. Bu bağlamda, Sözleşmeye taraf olan devletler, Avrupa İnsan Hakları Mahkemesi gibi uluslararası bir mahkemeye nazaran, yerel ihtiyaçları değerlendirmek açısından daha yetkin bir konuma sahiptir. Peçenin Belçika halkı tarafından kabul edilip edilmediği sorunu toplumun bir tercihi olarak karşımıza çıkmaktadır.

4. Kadın ve erkek eşitliği veya insan onurunun korunması, kamusal alanda tamamen veya kısmen yüzü kapatmanın yasaklanması bakımından meşru bir amaç olarak kabul edilemez. Genel bir riski ortadan kaldırmayan bu yasak, kamu güvenliğinin korunması için gerekli değildir ve bu nedenle orantısızdır(****)

Din Özgürlüğü, Yüz Örtüsü, Kişilerarası Birlikte Yaşama, Başkalarının Hak ve Özgürlükleri, Takdir Olanağı.

I. Zum Sachverhalt

Die Beschwerdeführerinnen sind belgische Staatsangehörige muslimischen Glaubens, die freiwillig und allein aus religiöser Überzeugung in der Öffentlichkeit1 einen Niqab (Gesichtsschleier)2 tragen. Sie wenden sich mit ihren Individualbeschwerden u.a. gegen ein belgisches Gesetz, dass ihnen seit Mitte 2011 unter Strafandrohung untersagt, im öffentlichen Raum Kleidung zu tragen, die das Gesicht teilweise oder ganz bedeckt. Als Sanktionsmöglichkeit bei Zuwiderhandlungen sieht das Gesetz eine Geldstrafe bis zu 200 € sowie eine Freiheitsstrafe bis zu sieben Tagen vor.3 Begründet wird die Kriminalisierung4 der Verschleierung im Wesentlichen damit, dass sie - abstrahierend - dem Schutz der kommunikativen Grundbedingungen der freiheitlichen Demokratie5 diene.6

II. Das Urteil

Unter Verweis auf seine Vorjudikatur7 vereint der Gerichtshof im Ergebnis eine Verletzung der Art. 8 und 9 EMRK.8 Zwar begründe das belgische Verbot einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 EMRK und in den des Art. 8 Abs. 1 EMRK.9 Dieses Verbot sei jedoch gerechtfertigt, da es dem Schutz des vivre ensemble diene10 und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sei.11 Der Gerichtshof erinnerte daran, dass die Sorge um das vivre ensemble als Teil des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer angesehen werden könne und außerdem daran, dass das fragliche Verbot grundsätzlich nur insoweit als gerechtfertigt angesehen werden könne, als es darauf abziele, die Bedingungen des Zusammenlebens zu gewährleisten.12 Par l’absence d’automatisme dans son application sei das belgische Verbot ungeachtet seiner angedrohten Freiheitsstrafe auch verhältnismäßig.13

III. Abweichende Meinung der Richter und

Nach Auffassung des italienischen Richters Spano und der türkischen Richterin Karakaş habe das Urteil trotz vordergründiger Bestätigung des Urteils der Großen Kammer vom 1.4.2014 nur eine beschränkte Aussagekraft, die es den Konventionsstaaten nicht erlaube, sich in anderen Sachverhalten zur Einschränkung der Konventionsrechte auf den Schutz des zwischenmenschlichen Zusammenlebens zu berufen, da ein solches Ziel keine explizite Grundlage in den Absätzen 2 der Art. 8 und 9 EMRK fände.14 Es erscheine zweifelhaft, den Schutz des zwischenmenschlichen Zusammenlebens unter das in den Absätzen 2 der Art. 8 und 9 EMRK aufgeführte Ziel des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer zu subsumieren.15 In Anlehnung an die abweichende Meinung der Richterinnen Nußberger und Jäderblom zum Urteil der Großen Kammer vom 1.4.201416 sei das Konzept des vivre ensemblefactice et vague“.17 Ob die konventionsrechtlich gewährleistete Freiheitsausübung zum Schutze der Rechte und Freiheiten Anderer einzuschränken sei, müsse hingegen anhand objektiv identifizierbarer Faktoren nachgewiesen werden, da es sich bei den Ansprüchen Anderer um konkrete, subjektive Rechtsansprüche handeln müsse.18 Würde hingegen allein auf den Schutz des vivre ensemble abgestellt, ließe sich jegliches Verhalten und jedwede Interaktion innerhalb einer Gesellschaft regulieren, da es dann nur noch darauf ankäme, ob die individuellen Verhaltensweisen mit der Vorstellung von der richtigen Interaktion korrespondierten.19 Ein solcher Ansatz stünde jedoch im Widerspruch („antinomique“) zu den grundlegenden Werten der Autonomie der Person, der Toleranz und der Offenheit, wie sie der Europäischen Menschenrechtskonvention zugrunde lägen.20 Zudem stehe das Konzept des vivre ensemble in bedenklicher Nähe zur Mehrheitsregel. Der Imperativ des vivre ensemble basiere auf der ideologischen Fundierung, dass das Verhalten des Einzelnen im öffentlichen Raum durch die Moralvorstellungen der Mehrheit diktiert werde.21 Es gäbe nichts Geringeres, als die staatlich verordnete Anpassung des Einzelnen an gesellschaftliche Interaktions- und Verhaltensmuster.22 Ein Ziel, welches zur Einschränkung der Menschenrechte herangezogen werde und welches eigentlich nur auf einer ephemeren Mehrheitsmeinung über das Gute und Angemessene in einer Gesellschaft beruhe, könne keine vertretbare Grundlage für einen Eingriff in die durch die Konvention in einer demokratischen Gesellschaft garantierten Grundrechte darstellen, wenn nicht zugleich dargelegt werden würde, welche konkreten Nachteile aus der Freiheitsausübung eigentlich beseitigt werden sollen.23 Zwar sei den Konventionsstaaten als nationale Entscheidungsträger wegen des Subsidiaritätsprinzips ein weiter Ermessensspielraum zuzugestehen. Damit werde den Konventionsstaaten jedoch keine „carte blanche“ zur Einschränkung der Konventionsrechte eingeräumt.24 Wie die Geschichte zeige, schlummere in demokratischen Gesellschaften das Risiko, dass Gesetze, welche aus Mehrheitsgefühlen hervorgingen, fundamentale Rechte bedrohen.25 Den betroffenen Minderheiten bliebe in diesen Fällen nur der Rechtsweg zu den Gerichten26 welche damit die Pflicht hätten, die legislativen Maßnahmen daraufhin zu untersuchen, ob diesen Intoleranz oder Feindseligkeit gegenüber einer bestimmten religiösen Überzeugung, Meinung oder Wertvorstellung zugrunde lägen.27 Denn zentrales Anliegen der durch die Konvention garantierten Rechte sei der Schutz des einzelnen Menschen, wie er im Schutz der Menschenwürde zum Ausdruck komme.28 Gleichzeitig sei selbstverständlich, dass bestimmte individuelle Rechte des Einzelnen eingeschränkt werden müssten, um das harmonische Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft zu gewährleisten.29 Es versteht sich aber gleichwohl von selbst, dass den Regierungen kein uneingeschränkter Ermessensspielraum bezüglich der Einschränkung der durch die Konvention garantierten Rechte eingeräumt werden könne.30 Die Legitimität eines Ziels müsse daher auf objektiven und feststellbaren Tatsachen beruhen, die unmittelbar dazu beitrügen, den durch die Grundrechtsausübung entstandenen Nachteil abzumildern. Daraus folge, dass öffentliche Feindseligkeit und Intoleranz gegenüber einer bestimmten Personenkategorie niemals eine Einschränkung der durch die Konvention garantierten Rechte rechtfertigen könne.31